Bd. 143 Nr. 3 (2021): Anthropologie der Digitalisierung
Abhandlungen

Gottesbilder im digitalen Zeitalter. Über den Zusammenhang von Digitalisierung und der Rede von der Gegenwart Gottes

Martin Breul
Katholisch-Theologische Fakultät Erfurt Vertreter der Professur für Fundamentaltheologie und Religionswissenschaft
Biografie

Veröffentlicht 2021-08-28

Schlagwörter

  • Digitalisierung,
  • Gegenwart Gottes,
  • Handeln Gottes,
  • Philosophie der Verkörperung,
  • Politische Theologie

Abstract

In diesem Artikel analysiere ich den Zusammenhang von Digitalisierung und der Rede von der Gegenwart Gottes. Ich argumentiere dafür, dass die Medienrevolution der Digitalisierung einen großen Einfluss auf klassische theologische Konzepte wie die Rede von der Gegenwart Gottes haben wird. Die Digitalisierung wird sich aus theologischer Perspektive als ambivalent erweisen: Einerseits vergrößert sie die kommunikativen Spielräume des Menschen und erweitert so die Entdeckungszusammenhänge einer christlichen Selbst- und Weltdeutung. Andererseits wird dieser Anstieg in der Quantität von Kommunikationsmöglichkeiten mit einem qualitativen Verlust der Intensität und Authentizität kommunikativer Beziehungen im digitalen Raum erkauft. Unter Rückgriff auf Überlegungen der Philosophie der Verkörperung und der Neuen Politischen Theologie zeige ich auf, dass die Digitalisierung der intersubjektiven Situation eine sinnvolle Ergänzung der menschlichen Kommunikationspraxis sein, sie aber nicht die symbolisch verkörperte Kommunikation in leibhaftiger Interaktion ersetzen kann.

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