Bd. 145 Nr. 2 (2023)
Abhandlungen

„Offenbarung – Deutungskategorie statt Glaubensgrund“?

Bernhard Nitsche
WWU Münster

Veröffentlicht 2023-06-01

Schlagwörter

  • Offenbarung,
  • Glaubensgrund,
  • dispositionale Vernunft,
  • Grund im Bewusstsein,
  • Resonanzereignisse

Abstract

In der gegenwärtigen Debatte um Offenbarung hat die von Saskia Wendel vertretene Alternative, dass Offenbarung eine Deutekategorie des Glaubens ist, aber kein Grund des Glaubens, Aufsehen erregt. In der Abhandlung wird Wendels These rekonstruiert und analysiert. Eine transzendental-geschichtliche Fassung des Vernunftdenkens kann dabei das Verdanktsein menschlichen Bewusstseins in seiner historisch variablen Gestalt und Auslegung begründen und ein Resonanzverhältnis zwischen dem Entschluss zu Gehalt und dem Grund der Freisetzung im Bewusstsein aufzeigen. Dadurch wird creatio continua intrinsisch als geschichtliches Offenbarungsgeschehen in Resonanzereignissen verständlich. Theologisch wird im Diskurs mit Wendel gezeigt, dass Offenbarung Gottes als Selbstmitteilung sowohl Deutekategorie als auch Grund des Glaubens ist. Philosophisch wird auf die historische Variabilität und den dispositionalen Charakter des Vernunftgebrauchs hingewiesen und die trennscharfe Unterscheidung von vernünftiger Vollzugsform und ausgewiesener gehaltlicher Evidenz angefragt.