Von der Moral zur Ethik. Eine Neuperspektivierung der Debatte um Jürgen Habermas’ Kritik der kantischen Religionsphilosophie

Abstract

Jürgen Habermas’ Kritik der kantischen Religionsphilosophie ist besonders von theologischer Seite kontrovers diskutiert worden. Vor allem für Ansätze einer praktischen Metaphysik nach Kant stellt sie eine große Herausforderung dar. Die Abhandlung versucht, durch eine Neuperspektivierung der Debatte um Habermas’ Kant-Kritik eine moderate Verteidigung derartiger Vorhaben zu entwickeln, die zugleich diskurstheoretischen Denkbedingungen verpflichtet bleibt. Dabei soll gezeigt werden, dass Habermas’ direkte Kritik an Kants Postulatenlehre entkräftet werden kann, seine grundsätzliche Skepsis gegenüber einer Verortung derselben innerhalb der Moral aus einer diskurstheoretischen Perspektive jedoch gerechtfertigt ist. Denn vor dem Hintergrund einer diskurstheoretischen Moraltheorie kann diese nicht mehr länger in der Moral, sondern nur noch innerhalb der Sphäre der Ethik verortet werden. Diese Neuverortung geht jedoch einher mit einer Relativierung des von Kant vertretenen starken Begründungsanspruchs des praktischen Vernunftglaubens, was auch für das theologische Projekt einer praktischen Metaphysik nach Kant wichtige Konsequenzen hat.