Bd. 143 Nr. 4 (2021)
Abhandlungen

Führt Moral unumgänglich zur Religion? Eine Kritik am starken Begründungsanspruch des praktischen Vernunftglaubens Kants

Benedikt Rediker
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Biografie
Zeitschrift für Theologie und Philosophie 143 (2021) 4

Veröffentlicht 2021-11-22

Schlagwörter

  • Kant,
  • praktische Metaphysik,
  • rationale Glaubensverantwortung,
  • Theodizee

Abstract

Trotz seiner Kritik aller spekulativen Gotteserkenntnis hat Kant mit seiner berühmten These, dass Moral unumgänglich zur Religion führe, den Gottesglauben vor dem Forum praktischer Vernunft mit einer nach wie vor starken Begründung versehen. Diese impliziert zugleich eine durch die Vernunft selbst zugesicherte letzte Verblüffungsresistenz gegenüber einem Atheismus bzw. Agnostizismus, der sich aus der Erfahrung des Zweckwidrigen herleitet. Die starke Begründung Kants soll in diesem Artikel einer Kritik unterzogen werden. Dabei zeigt sich, dass der Glaube – anders als Kant annahm – angesichts der Erfahrung des Zweckwidrigen nur noch im Modus einer bleibenden Fragilität begründet werden kann. Daraus ergeben sich zugleich entscheidende Konsequenzen für das theologische Projekt einer praktischen Glaubensverantwortung und praktischen Metaphysik im Anschluss an Kant, da die Theodizeefrage und ein aus ihr resultierender Atheismus bzw. Agnostizismus nun in einer nochmals radikalisierten Form zur zentralen Herausforderung für sein Gelingen werden.